Fairer Kaffeehandel?

Wie fair ist der faire Kaffeehandel?

Kundeninformation der GEPA vom 21.01.2014 zum ARD-Fernsehbeitrag „Kenia: Wie fair ist der faire Kaffeehandel“ (Weltspiegel, Erstausstrahlung: 19.1.2014, 19.20 Uhr)


Sehr geehrte Kundinnen und Kunden, in dem Fernsehbeitrag „Kenia: Wie fair ist der faire Kaffeehandel“ setzt sich der Filmautor Peter Schreiber kritisch mit dem Fairen Handel auseinander. Kernaussage: Fairer Handel bringt den Kleinbauern ein paar Cent zusätzlich. Fair wäre es, wenn Afrika seinen Kaffee rösten, verpacken und vermarkten würde.

GEPA-Preis deutlich über Weltmarktpreisniveau

In dem Filmbeitrag behauptet der Filmautor, der „Festpreis“ für Fairen Handel bewege sich knapp über Weltmarktniveau. Dazu stellen wir fest: Der Weltmarktpreis liegt zurzeit bei 117,15 US-Dollar für 100 amerikanische Pfund Arabica (45,36 kg).

Wir zahlen im Fairen Handel keinen „Festpreis“, sondern garantieren unseren Handelspartnern einen Mindestpreis.

Dieser Mindestpreis dient in Zeiten niedriger Weltmarktpreise als Absicherung nach unten und liegt zurzeit bei 140 US-Dollar pro 100 amerikanische Pfund Arabica.

Hinzu kommen die nach Fairtrade International festgelegten Zuschläge,

  • d. h. ein Entwicklungszuschlag von 20 US-Dollar und
  • bei Biokaffee zusätzlich ein Biozuschlag von 30 US-Dollar.
  • Der Gesamtpreis liegt nach den Kriterien von Fairtrade International also bei 190 US-Dollar pro 100 amerikanische Pfund, damit 62,2 Prozent über dem derzeitigen Weltmarkpreis für Arabica. In Zeiten hoher Weltmarktpreise (über Fairtrade-Minimumpreis) werden Weltmarktpreis plus entsprechende Zuschläge gezahlt.
  • Wir zahlen unseren ostafrikanischen Partnergenossenschaften zurzeit sogar inklusive Qualitätszuschlägen bis zu 280 US-Dollar pro 100 amerikanische Pfund (z. B. für Bio-Arabica aus Äthiopien). Das ist also bis mehr als das Doppelte des derzeitigen Weltmarktpreises von 117,15 US-Dollar. Als Fair-Handelsunternehmen ist es für uns selbstverständlich, unseren Handelspartnern faire Preise nach den Kriterien von Fairtrade International zu zahlen. Andere Mitbewerber kaufen dagegen nur einen Bruchteil ihres Rohkaffees zu Fair-Handelsbedingungen ein. Unsere Partnergenossenschaften verwalten das Geld selbstständig, investieren es unter anderem in Gemeinschaftsprojekte und zahlen es an die Mitglieder aus. Was die Genossenschaft letztlich an den Bauern zahlt, hängt von individuellen Faktoren ab.
  • Näheres dazu in unseren FAQ auf unserer Seite (www.gepa.de) unter den Fragen: „Wie viel Geld bekommt zum Beispiel der Kaffeebauer?“,
  • „Bezahlt die GEPA die Produzenten direkt?“ Für Tagelöhner müssen die Bauern nach den Kriterien von Fairtrade International je nach Rahmenbedingungen nationale Mindestlöhne oder regionale Durchschnittslöhne zahlen. Dies prüft Fairtrade International auch stichpunktartig bei einer Inspektion ab.
  • Die Abteilung “Producer Services and Relations” – als Teil von Fairtrade International — kümmert sich um die Betreuung und Beratung der Produzentengruppen, unter anderem auch zu Themen wie Arbeiterrechte. Nähere Informationen hierzu unter folgendem Link www.fairtradedeutschland.de
  • Die im Fernsehbeitrag beschriebenen Arbeitsbedingungen von kenianischen Kleinbauern und Tagelöhnern kennen wir nicht persönlich, da wir keine Partnergenossenschaften dort haben. Rückfragen dazu an www.fairtrade-deutschland.de
  • Mehr Wertschöpfung im Ursprungsland: wann sinnvoll, wann nicht? Den Ansatz des Journalisten, Kaffee im Ursprungsland rösten zu lassen, begrüßen wir. Auch wir lassen Rohware oft im Ursprung verarbeiten, sofern das möglich ist, damit mehr Wertschöpfung bei unseren Partnern bleibt. Beispielsweise wird unser Bio Kagera Instant-Kaffee in Tansania in einer Anlage produziert, die mehrheitlich unserer Partnerkooperative KCU gehört. Damit erreichen wir sogar eine höhere Weiterverarbeitungsstufe als bei einer Röstung im Ursprung.
  • Wir haben in der Vergangenheit auch schon einmal Kaffee in Costa Rica rösten lassen, konnten aber trotz intensiver Absprache mit unseren Handelspartnern nicht den Qualitätsstandard erreichen, der hier Voraussetzung für den Absatz in Deutschland ist (z. B. umweltfreundliche Verpackung ohne Alufolie).
  • Das Konzept der Röstung im Ursprung funktioniert in einem begrenzten Rahmen, wenn man sich auf einige wenige Partner in einem Land konzentriert. Damit sind gleichzeitig Wirkungsmöglichkeiten beschränkt. Wir bieten aber auch Mischkaffees aus verschiedenen Ländern an, um so größere Absatzmöglichkeiten für viele Partner in Lateinamerika, Afrika und Asien zu schaffen. Deshalb müssen wir die Weiterverarbeitung gebündelt hier steuern, um die Produktion gemäß den hier geltenden Qualitätsstandards überwachen und koordinieren zu können.
  • Das spart auch Zeit, die sonst für die Verschiffung der Röstmuster und des Röstkaffees anfiele. Denn die Mindesthaltbarkeitsdauer für Kaffee beträgt ja nur 13 Monate. Viele Supermärkte hier verkaufen Kaffee oft schon sechs Monate vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr.
  • Bei anderen Produkten haben wir sehr gute Erfahrungen mit Weiterverarbeitung im Ursprungsland gemacht. Beispiele dafür finden Sie auf unserer Homepage unter folgendem Link: http://fair-plus.de/fair.html (Punkt 14).
  • Alternative: Konsum im Anbauland fördern: In den letzten Jahren lagen die Weltmarktpreise für Kaffee vergleichsweise hoch. Das hatte auch mit gestiegenem Konsum im größten Kaffee exportierenden Land Brasilien zu tun. Würde sich der Eigenbedarf auch in ostafrikanischen Ländern erhöhen, würde das gemäß dem alten Prinzip von Angebot und Nachfrage zu einer Verknappung und damit zum Anstieg des Weltmarktpreises für Kaffee führen. Entsprechend würde auch im Anbauland mehr in die Röstung des eigenen Kaffees investiert, um den Anforderungen des nationalen Marktes gerecht zu werden. Wie uns der ugandische Botschafter bei einem Besuch im Sommer 2012 mitteilte, gibt es bereits jetzt in Uganda eine wachsende, zahlungskräftige Mittelschicht, daher schießen auch Cafés in Kampala wie Pilze aus dem Boden.
  • Insofern wäre der entwicklungspolitische Ansatz aus unserer Sicht eher, das technische Know-How für den Eigenbedarf zu fördern. Wir tun dies bereits bei lateinamerikanischen Kleinbauerngenossenschaften, die eigene Cafeterias für den lokalen Markt führen. Beispielsweise beraten wir sie bei dem Kauf von Röstern und Siebträgermaschinen, bei der Auswahl der Kaffeequalität, geben Rückmeldung zur Kaffeeröstung. Wir haben auch einige Siebträgermaschinen finanziert.
  • Forderung an den Welthandel: Abbau von Handelshemmnissen. Zu Recht weist der Filmautor darauf hin, dass der Zoll für gerösteten Kaffee um ein Vielfaches höher ist als für Rohkaffee. Die Verantwortung dafür tragen andere; deshalb sind hier Organisationen wie die Welthandelsorganisation (WTO) gefragt. Auch wir haben diese Zollbestimmungen immer kritisiert, dienen sie doch allein dem Schutz des europäischen Marktes.
  • Für eine Veränderung der Handelsbestimmungen müssen wir die Politik ins Boot holen. Das Forum Fairer Handel hat sich schon vor Jahren in den „10 Forderungen an den Welthandel“ für einen Abbau von Handelshemmnissen wie Schutzzöllen ausgesprochen. Auch das Fair Trade Advocay Office in Brüssel leistet hier seit Jahren politische Lobbyarbeit. Die GEPA ist Mitglied der nationalen und internationalen Netzwerke Forum Fairer Handel und World Fair Trade Organization, unterstützt diese Organisationen inhaltlich und finanziell.
  • Fairer Handel allein kann die Probleme dieser Welt nicht lösen, aber er kann in einem Zusammenspiel von Maßnahmen einen wirksamen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten. Unsere jahrzehntelange Erfahrung im persönlichen Austausch mit unseren Handelspartnern hat uns das bestätigt.

Herzliche Grüße Thomas Speck, Robin Roth (Geschäftsführung GEPA – The Fair Trade Company)