Guarjila – Geschichte (Stand 2009)

Warum engagiert sich das Welthaus Bielefeld in El Salvador?

Das Engagement des Welthauses in El Salvador gilt der Unterstützung der gegen Armut und Repression aufbegehrenden Landbevölkerung. Es begann in den 1980er Jahren, als der soziale Konflikt, der das Land spaltet, in gewaltsamen Auseinandersetzungen gipfelte.
Die Landlosen, die im Laufe des vorangegangenen Jahrhunderts von Großgrundbesitzern aus den fruchtbaren Gegenden verdrängt worden waren, hatten angefangen, sich in Basisgemeinden und Gewerkschaften zu organisieren.  Die Oligarchie schickte das von den USA massiv aufgerüstete Militär und Todesschwadronen.
Angesichts der blutigen Repression flohen Zehntausende aus den ärmsten Provinzen, Chalatenango und Morazán, in das benachbarte Honduras, während sich vor allem jüngere Frauen und Männer zur Guerilla Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN) zusammenschlossen und gemeinsam mit städtischen und studentischen Gruppen  einen zwölf Jahre währenden Befreiungskampf führten.
Die El Salvador Gruppe im Welthaus beteiligte sich zunächst an der internationalen Öffentlichkeitsarbeit, an Delegationen und Briefaktionen zum Schutz der Flüchtlinge. Ein Mitglied arbeitete im Lager im Rahmen der Alphabetisierungskampagne.
Als die Flüchtlinge 1987 – noch mitten im Bürgerkrieg – beschlossen, in ihre Heimat zurückzukehren, konstituierten wir uns als „Freundschaftsinitiative Viva Guarjila“.  Wir nahmen uns vor, beim Wiederaufbau eines der Dörfer, die vom Militär völlig zerstört worden waren, Unterstützung zu leisten.
In enger Kooperation zwischen den Selbstverwaltungsorganen von Guarjila  und dem Welthaus und mit den Spendengeldern eines großen Fördererkreises in Bielefeld, Helmstadt und Holzminden sowie mit öffentlichen Mitteln entstanden Wohnhäuser, Werkstätten und soziale Einrichtungen,  wurde Land gekauft und biologischer Anbau gefördert.
Was wir damals nicht voraussahen: Diese Unterstützung ist auch heute, nach mehr als zwanzig Jahren noch richtig und wichtig. Zwar leben mittlerweile alle Familien in festen Häusern und die meisten – immer noch nicht alle – können von selbst angebautem Mais und Bohnen, ab und zu Eiern, etwas Fleisch und Gemüse auch satt werden. Von Jahr zu Jahr gehen mehr Kinder ab dem sechsten Lebensjahr regelmäßig zur Schule. Die Gesundheitsversorgung ist besser als in den meisten ländlichen Gebieten El Salvadors.
Aber diese Erfolge sind nur möglich geworden durch das Zusammenwirken von zwei Faktoren: dem hohen Grad von Eigeninitiative und Selbstorganisation der Bevölkerung und materieller Hilfe von außen.
Zur Zeit konzentriert sich die Hilfe auf das Gesundheits- und das Rehabilitationszentrum  und auf Stipendien zum Besuch von Oberschule und Universität. Das Friedensabkommen, das 1992 die bewaffneten Auseinandersetzungen beendete, brachte zwar graduelle Verbesserungen in der politischen Repräsentanz, in der Zusammensetzung des Justiz- und Polizeiapparats, grundlegende soziale Reformen jedoch blieben aus.
Auch wenn z.B. in Guarjila die meisten Familien eine Miniparzelle Land zugesprochen bekamen, reichte dies nur mit Not zum Überleben und änderte praktisch nichts an der extremen Ungleichheit der Landverteilung.
Der salvadorianische Staat vertritt nach wie vor die Interessen einer kleinen wohlhabenden Schicht, die neben der Landwirtschaft heute auch die sich entwickelnde Industrie und zunehmend den Finanzsektor beherrscht.
Er ist  gleichgültig gegenüber der Lage der großen Masse der Armen. Ihre Gesundheitsversorgung ist miserabel und wird durch Privatisierung immer unbezahlbarer. Das gleiche gilt für Bildung, Energie- und Wasserversorgung und öffentlichen Verkehr. Rücksiedlungsgemeinden ehemaliger Flüchtlinge und Guerilla-KämpferInnen, wie Guarjila, haben von der Regierung schon gar nichts zu erwarten.
Sie sind andererseits für die übrige Bevölkerung ein Beispiel, das zeigt: Wer Widerstand und Eigeninitiative entwickelt, kann auf internationale Solidarität bauen. An diesem Beispiel will die Freundschaftsinitiative weiter mitwirken.
Seit einigen Jahren sieht Guarjila sich einer neuen Bedrohung ausgesetzt: nordamerikanische Konzerne haben Gold und andere Edelmetalle in der Gegend ausgemacht und bereits staatliche Lizenzen für die Erkundung erhalten. Die Bauern wissen, welche Verwüstungen ihres Ackerlandes, welche Vergiftungen von Wasser und Luft und welche Gesundheitsschäden Bagger und Zyanid anrichten.
Bisher haben sie sich weder überreden noch kaufen lassen, sondern ein breites Bündnis mit Kommunen und Kirchen geschmiedet und mit Straßenblockaden die Bohrtrupps erfolgreich zur Umkehr gezwungen. Mit Protestbriefen an das salvadorianische Umweltministerium hat auch hier die Freundschaftsinitiative  nach Kräften Unterstützung geleistet.
——————————————————————————————————————–
Die Freundschaft, anfänglich nur als Anspruch in unserem Namen postuliert, ist im Laufe der Jahre immer mehr zur gelebten Wirklichkeit geworden – mit regelmäßigem Briefwechsel und gegenseitigen Besuchen. Sie umfasst das Persönliche ebenso wie das Politische.
Zahlreiche Projekte wurden gemeinsam mit den Partnern geplant und mit Hilfe von Spendengeldern und öffentlichen Zuschüssen realisiert: Bäckerei, Tischlerei, Töpferei für Holzsparöfen, Kindergarten, Altenzentrum, biologischer Gemüseanbau. Die handwerklichen und landwirtschaftlichen Projekte standen nach einigen Jahren auf eigenen Beinen.
Heute können wir uns auf Projekte konzentrieren, die dauerhafte Förderung brauchen: Gesundheits- und Rehabilitationszentrum und Stipendien zur Besuch von Oberschule und Universität.
Mit der Partnergemeinde haben wir uns über einige Kriterien für die Projektauswahl verständigt: Soziale Gleichberechtigung, auch zwischen Frauen und Männern, Schutz der Umwelt, Stärkung der Eigeninitiative.
Die Projektunterstützung wird ermöglicht durch zahlreiche und dauerhafte Spenden aus dem Bielefelder Umfeld der Gruppe, aber auch aus dem der befreundeten Gruppen in Helmstadt und Holzminden.
——————————————————————————————————————–
Mehrmals im Jahr verschicken wir einen Rundbrief an einen wachsenden Kreis von mittlerweile 370 Interessierten und Spenderinnen, um sie über das Geschehen in unserer Partnergemeinde und in El Salvador auf dem Laufenden zu halten.
Öffentliche Veranstaltungen dagegen sind seltener geworden, seitdem El Salvador – zum Glück – nicht mehr wegen des Bürgerkriegs im Medienfokus steht und auch sonst nur noch auf begrenztes Interesse stößt. In unseren Sitzungen befassen wir uns u.a. mit den Auswirkungen neoliberaler Globalisierungsstrategien auf El Salvador, konkret z.B. den Folgen der Freihandelsverträge für die Maisbauern und dem drohenden Goldtagebau in der Gegend von Guarjila.
Prägend für unsere Gruppe ist der direkte und vielfach persönliche Kontakt nach Guarjila. Wir stehen in regelmäßigem Briefwechsel und besuchen uns gegenseitig. Etwa alle zwei Jahre laden wir zwei „Delegierte“ aus Guarjila nach Bielefeld ein und ebenso oft fährt jemand von uns dorthin. Diese Begegnungen sind jedes Mal Höhepunkte der Partnerschaft. Wir tauschen uns aus über die gemeinsamen Ziele wie auch über die unterschiedlichen Bedingungen ihrer Umsetzung, wir lernen voneinander und wir haben Spaß zusammen.
———————————————————————————————————————
Die Freundschaftsinitiative hat zur Zeit nur fünf aktive Mitglieder. Mehrere Ehemalige sind heute beruflich in Lateinamerika und Afrika tätig, andere wegen Studium oder Beruf weggezogen. Wir freuen uns über neue MitstreiterInnen.
Treffen:  Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat um 19.30 Uhr (bitte vorher Anruf)
Kontakt: Heiner Wild, Telefon 0521 / 132741, E-Mail .img@.img
oder Barbara Schütz 0521 / 9864841, .img@.img, Welthaus Bielefeld
———————————————————————————————————————

Die Clínica Ana Manganaro in Guarjila

Das Gesundheitszentrum unserer Partnergemeinde Guarjila in El Salvador ist für die bäuerlichen Familien die einzige erschwingliche, zugleich aber die anerkannt beste Möglichkeit medizinischer Versorgung. Die Klinik kann sich teilweise aus den Zahlungen der Patientinnen bzw. deren Beiträgen zu der gemeindeeigenen Versicherung finanzieren. Eine Fam. bezahlt montl. 1,50 € – das entspricht ca. 3 Stundenlöhnen, die Ärmsten müssen keine Beiträge bezahlen. Den größeren Teil der Kosten haben internationale Hilfsorganisationen übernommen.
Durch Projekte des Welthauses war es möglich den Promotorinnen ein monatliches Gehalt von ca. 80 Euro zu zahlen. Bemühungen der Klinik um staatliche Zuschüsse blieben bisher vergebens. Die meisten Untersuchungen und Behandlungen werden von acht Frauen aus dem Dorf durchgeführt. Diese Gesundheitspromotorinnen haben jahrelange praktische Erfahrung und eine theoretische Ausbildung.
Es gibt wöchentliche Radiosendungen zu Gesundheitsfragen, um die Bevölkerung weiter aufzuklären. Ein  anderer Schwerpunkt ist die Prävention vieler Krankheiten durch bessere Hygiene, gesündere Ernährung, Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Dazu gehört auch die kostenlose Abgabe von Sojamilch an unterernährte Kleinkinder. Die Promotorinnen bemühen sich um den Einsatz von natürlichen Heilverfahren und pflanzlichen Medikamenten.
Betreut wird das Projekt von der Freundschaftsinitiative „Viva Guarjila“ im Welthaus Bielefeld.
Die Clínica Ana Manganaro braucht Ihre Unterstützung für:
* Medizinische Versorgung der ländlichen Bevölkerung
* Impfkampagnen
* Aufklärung über gesunde Ernährung und Hygiene
* Lohn für 8 Gesundheitspromotorinnen
* Gebühren der wöchentlichen Radiosendungen
Zum Hintergrund des Projektes: Das während des Bürgerkriegs vom Militär völlig zerstörte Dorf Guarjila wurde seit 1987 von den zurückkehrenden Flüchtlingen wieder aufgebaut. Als eines der ersten Projekte entstand das Gesundheitszentrum. Die Gesundheitspromotorinnen haben sich in jahrelanger praktischer Arbeit und theoretischer Ausbildung – anfangs durch die nordamerikanische Ärztin Ana Manganaro, danach durch die deutsche Ärztin Christa Baatz – die notwendige Kompetenz erworben.